16. November 2016 Dr. Norbert Pranzas

Nitratbelastung im Norderstedter Grundwasser

Foto Wolfgang Dirscherl - pixelio.de

Gülle im Trinkwasser, so lauteten in diesem Herbst die Schlagzeilen. Auch in Norderstedt? Dazu stellt DIE LINKE im Umweltausschuss folgende Anfrage:



  1. Wie beurteilt die Verwaltung die Belastung des Grundwassers im Stadtgebiet mit Nitrat? Bitte differenziert nach oberflächennahem und tieferliegenden Grundwasser
  2. Ist im Rahmen der Nutzung der Trinkwasservorkommen eine Belastung des Norderstedter Grundwassers mit Nitrat bekannt?
  3. In welchen Umfang werden private Grundwasserförderungen in Norderstedt aus dem oberflächennahen Grundwasser vorgenommen? Nur Angabe von Grundwasserförderungen, die über eine wasserrechtliche Erlaubnis geregelt sind.
  4. Welche Auswirkungen hat die von der EU-Kommission kritisierte Belastung mit Nitrat und Düngung auf die belebte Bodenzone und die Biodiversität im Bereich Norderstedts?
  5. Mit welchen konkreten Maßnahmen schränkt die Verwaltung die von der EU-Kommission kritisierten Ursachen der Nitrat -und Düngemittelbelastung ein?
  6. Welche landwirtschaftlich unabhängige Stelle kontrolliert die gesetzlichen Vorgaben zum Schutz der Böden und der Gewässer vor einer zu hohen Belastung durch Nitrat  und andere Düngemittelrückstände?
  7. Wie gestaltet sich die behördliche Zusammenarbeit der Verwaltung mit der zuständigen Unteren Wasserbehörde des Kreises Segeberg?

 

Die §§ 27, 47 WHG setzen die Anforderungen der Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Oktober 2000 zur Schaffung eine Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik („EG-Wasserrahmenrichtlinie“) um. Hierin sind Bewirtschaftungsziele für das Grundwasser (§ 47 WHG) und die Oberflächengewässer (§ 27 WHG) definiert.

Grundwasser ist nach § 47 WHG so zu bewirtschaften, dass

  • eine Verschlechterung seines mengenmäßigen und seines chemischen Zustands vermieden wird;
  • alle signifikanten und anhaltenden Trends ansteigender Schadstoffkonzentrationen auf Grund der Auswirkungen menschlicher Tätigkeiten umgekehrt werden;
  • ein guter mengenmäßiger und ein guter chemischer Zustand erhalten oder erreicht werden; zu einem guten mengenmäßigen Zustand gehört insbesondere ein Gleichgewicht zwischen Grundwasserentnahme und Grundwasserneubildung.

 

Die Bewirtschaftung oberirdischer Gewässer wird durch § 27 WHG geregelt. Danach sind oberirdische Gewässer, soweit sie nicht als künstlich oder erheblich verändert eingestuft werden, so zu bewirtschaften, dass

  • eine Verschlechterung ihres ökologischen und ihres chemischen Zustands vermieden wird und
  • ein guter ökologischer und ein guter chemischer Zustand erhalten oder erreicht werden.

 

Oberirdische Gewässer, die als künstlich oder erheblich verändert eingestuft werden, sind so zu bewirtschaften, dass

  • eine Verschlechterung ihres ökologischen Potenzials und ihres chemischen Zustands vermieden wird und
  • ein gutes ökologisches Potenzial und ein guter chemischer Zustand erhalten oder erreicht werden.

 

Vor diesem Hintergrund hat die EU-Kommission Deutschland wegen der steigenden Nitratbelastung des Grundwassers und jahrelanger Untätigkeit bei dessen Schutz verklagt. In der rund 40-seitigen Anklageschrift wird die deutsche Umwelt- und Agrarpolitik hart kritisiert. Insbesondere wird der Anstieg der Belastung des Grundwassers mit Nitrat beklagt. Betroffen sind zahlreiche Regionen in Deutschland, insbesondere Norddeutschland. Als Hauptverursacher wird die Landwirtschaft ausgemacht. Dass die Bundesregierung bislang keine Gegenmaßnahmen zum Schutz des Grundwassers eingeleitet hat, sei ein klarer Verstoß gegen die seit 1991 geltende EU-Nitratrichtlinie. In diesem Zusammenhang sei auch auf das Verschlechterungsverbot gemäß EU-Wasserrahmen-RL hingewiesen. Auch sei zugelassen worden, dass wesentlich mehr Dünger auf die Äcker gebracht werde, als die Pflanzen überhaupt aufnehmen könnten. Darüber hinaus seien die gesetzlichen Düngepausen von maximal drei Monaten viel zu kurz. Die Bundesregierung trägt mit ihrer Richtlinienkompetenz hier eine besondere Verantwortung, doch auch die Kommunen haben eigene Möglichkeiten, der Belastung von Grundwasser und Oberflächengewässer entgegenzuwirken.