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13. Dezember 2015 Olaf Harning

Trauer um Gerhard Hoch

Gerhard Hoch (vorne links) 2005 bei einer Veranstaltung auf dem Gelände der KZ-Gedenkstätte in Springhirsch. Neben ihm Überlebende des Lagers (Foto: Trägerverein der Gedenkstätte).

Er arbeitete die Geschichte einer ganzen Region auf, widmete sich trotz großer Widerstände dem Gedenken an NS-Opfer. Am 6. Dezember ist der Alvesloher Historiker Gerhard Hoch im Alter von 92 Jahren gestorben.

Mit tiefer Trauer reagiert DIE LINKE auf den Tod Hochs. Immer wieder konnte sich die Partei und deren Kreistagsfraktion auf Forschungsergebnisse des Historikers stützen, damit so manche „dunkle Nische“ ausleuchten. Zuletzt stieß Fraktionschef Heinz-Michael Kittler auf einen Text über die Amtszeit des Segeberger NS-Landrats Waldemar von Mohl und trat damit eine Diskussion vom Zaun, die letztlich in der Umgestaltung der Ahnengalerie im Kreistag mündete. Kittler: „Wir verneigen uns vor dem Lebenswerk Gerhard Hochs. Ohne ihn wäre ein großer Teil der Geschichte Alveslohes, Kaltenkirchens und Henstedt-Ulzburgs in Vergessenheit geraten. Und auch der Kreis Segeberg profitiert bis heute von seinen Arbeiten.

1923 geboren, hatte Hoch zunächst die damals üblichen Wege beschritten, war früh und überzeugt der Hitler-Jugend und später auch der NSDAP beigetreten. Erst nach dem Krieg, an dem er als Soldat in Russland teilnahm, wandte er sich von der NS-Ideologie ab, bekehrte sich zum christlichen Glauben und studierte Theologie. Seine historischen Forschungen begann er dann Mitte der 60er Jahre und begann noch ienmal zehn Jahre später, sich in die Lokalhistorie seiner Heimatregion einzuarbeiten.

Das Ergebnis dieser Arbeit: Mehrere Bücher, diverse wissenschaftliche Abhandlungen und eine Unzahl von Artikeln in Fachzeitschriften, die den Weg Alveslohes, Kaltenkirchens und der Ursprungsgemeinden Henstedt-Ulzburgs von der Weimarer Republik bis zum Kriegsende 1945 aufzeichnen. Dabei beschrieb er sowohl den Werdegang von NS-Tätern wie Ernst Szymanowski (später Biberstein), der vom Kaltenkirchener Pastor zum SS-Massenmörder avancierte, als auch örtlicher Mitgläufer, wie Waldemar von Mohl. Und so ganz nebenbei grub Hoch auch noch die Geschichte des KZ-Außenlagers Kaltenkirchen aus und legte mit etlichen Mitstreitern die Grundlage für die heute landesweit bekannte Gedenkstätte in Springhirsch.

Dass sein Engagement nicht jedem recht war, musste Hoch recht früh zur Kenntnis nehmen: Bei Vielen in der Region galt er als „Nestbeschmutzer“, in Alveslohe wechselten Manche gar die Straßenseite, wenn sie ihn beim Spaziergang trafen. Auch die Stadt Kaltenkirchen und die örtliche Kirchengemeinde versuchten mehrfach, seinen Buchprojekten Steine in den Weg zu legen. Noch Ende der 90er Jahre, als Hoch sich im Zusammenhang mit einer Art Heldengedenken der Gemeinde Henstedt-Ulzburg auf die Seite von Gegendemonstranten schlug, wurde er von CDU-Politikern als „selbsternannter Historiker“ und eben „Nestbeschmutzer“ verunglimpft.

Heute sind die Arbeiten Hochs allgemein anerkannt, die KZ-Gedenkstätte Kaltenkirchen wird über alle Parteigrenzen hinweg gestützt. Und über seine ganz persönliche Geschichte hat der „selbsternannte Historiker“ wohl in mehr als 100 Schulklassen berichtet, wobei er unermüdlich vor den Gefahren durch Antisemitismus und Faschismus warnte. Heinz-Michael Kittler: „Wir verneigen uns vor einem großen Mahner und Antifaschisten. Wir werden ihm ein ehrendes Andenken wahren.