Zur Zeit wird gefiltert nach: Kreistagsfraktion Segeberg

19. Februar 2014 Heinz-Michael Kittler

Segeberger Nazi-Landrat von Mohl: Kreispräsident outet sich als Urheber der Debatte

"Er habe vor Jahren im Keller des Landratsamtes die Fotos der ehemaligen Landräte entdeckt", trug Kreispräsident Zylka bei der Sitzung des Ausschuss für Bildung, Kultur und Sport am 18.02.2014 vor und sei zu der Überzeugung gelangt: "diesen historischen Schatz, von 1555 bis heute, zu bergen und ans Tageslicht zu holen. Es wäre doch schade, diese einmalige Dokumentation nicht so zu erhalten wie sie ist."

Während wir linken noch darüber grübelten, warum die Bilder von Landräten aus vergangenen Obrigkeitssystemen bis hin zur Nazizeit wohl im Keller verstaut waren, gingen die Piraten direkt zum Angriff über und gaben ihrer Empörung Ausdruck, dass nach vielen konstruktiven Vorschlägen zur historischen Aufarbeitung der Beitrag des Kreispräsidenten jetzt völlig unangemessen sei. Die SPD stieß in das gleiche Horn und bedauerte, dieses Fass jetzt noch aufzumachen.

Denn kurz zuvor hatten sich fast alle Parteien kräftig ins Zeug gelegt. Am weitestgehend die Vorschläge von FDP, DIE LINKE, SPD , gefolgt von den Grünen und bereichert von guten Ideen der PIRATEN. Nur der übersichtliche Vorschlag der CDU ist mit dem Ansinnen des Kreispräsidenten kompatibel.

Aus dem relativ gut besuchten Zuschauerraum meldete sich auch der ehemalige Landrat Graf Schwerin von Krosigk (1966–1990) mit dem Hinweis zu Wort, dass in der Galerie Paul Pagel (1946-1950) eigentlich nichts zu suchen habe, da er zwar Landrat, aber nicht direkt Verwaltungschef gewesen sei, sondern sein Kreisdirektor. (In der NS-Zeit engagierte sich Pagel in der liberalen Widerstandsgruppe  Robinsohn-Strassmann-Gruppe. Er wurde 1950 SH Innenminister und sein Nachfolger als Landrat im Kreis Segeberg der ex-Nazi Walter Alnor.)

Nachdem der Ausschussvorsitzende mit seinem völlig losgelösten Abstimmungsvorschlag: Bilder abhängen oder nicht -scheiterte und sich wiederum von den PIRATEN prompt "Salamitaktik" vorwerfen lassen musste, stellten die Parteien im weiteren Verlauf der Beratung ihre Anträge zunächst zurück und der Ausschuss beschloss bei einer CDU-Enthaltung eine Arbeitsgruppe mit folgenden Auftrag:

  • Empfehlung über Verbleib der Galerie erarbeiten
  • Historischen Kontext zu den Landräten darstellen
  • Datenbasis erweitern/vertiefen

Jede Partei und "Jugend im Kreistag" entsenden 2 Mitglieder. Weiterer Beschluss bei einer CDU-Enthaltung: Die Arbeitsgruppe tagt öffentlich.

Das Thema bleibt uns somit erhalten. Vorbehaltlich der Beratung in unserer linken Kreistagsfraktion deutet sich für uns als Einstieg in die Arbeitsgruppe die Auffassung an, dass wir mit dem IZRG Gutachten als Grundgerüst einen erheblichen Sprung nach vorn gemacht haben. Das schließt natürlich die eine oder andere Korrektur oder Ergänzung bei der weiteren Beschäftigung mit dem Thema nicht aus.

Als Kommunalpolitiker sehen wir aber besonders die Hauptaussage des Gutachtens als gewagt an: "v. Mohl war ein williger Vollstrecker der Nazi-Politik, ein Scharfmacher sei er aber nicht gewesen." Denn für Scharfmacherei war ja nicht der Landrat, sondern der NS-Kreisleiter zuständig. Und der hätte dem Landrat was erzählt, wenn er sich in sein Geschäft eingemischt hätte. Leider unterliegt der CDU-Vorschlag dem gleichen Irrtum, wenn er aus dem Gutachten wiederholt, "dass der Landrat sich mit seiner positiven Autorität von den anderen NS-Protagonisten im Kreis abhob." Der Landrat war nämlich kein NS-Protagonist (Duden: Ersthandelnder, Wegbereiter, Vorreiter) sondern deren williges vollstreckendes Werkzeug. Das ist ein großer Unterschied. Und was bedeutet denn schon "positive Autorität," wenn sie sich einem Gewalt-System hingibt? Gegen den Vorschlag der Grünen eine Dokumentation zu erstellen, die dann in 3 Jahren erscheint, ist nichts einzuwenden. Aber die die Bilder deswegen abzuhängen weil zu befürchten sei, die Galerie bliebe ein langfristiger Reibungs-und Konfliktpunkt ist für uns kein Argument denn genau diese fruchtbare Auseinandersetzung sollte erwünscht sein.

Demgegenüber sind die Anträge von SPD und FDP komplett und lassen genügend Spielraum für die interessanten weiteren Vorschläge der Piraten. Damit kann auch DIE LINKE gut leben. Dennoch haben wir zwei zusätzliche Wünsche:

Es soll auch den Opfern von Obrigkeitsherrschaft gedacht werden, insbesondere während der Zeit der NS-Gewaltherrschaft.

Die beiden zusätzlichen Ölschinken von den NSDAP Mitgliedern im Landratsamt sind abzunehmen.