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16. Juli 2014 Heinz-Michael Kittler

Schon wieder Ehrenpreis für Dr. Margrit Herbst

Dr. Margrit Herbst

Dr. Margrit Herbst

In der Beiratssitzung der Solbach-Freise Stiftung wurde am 16. Juni einstimmig beschlossen, Frau Dr. Margrit Herbst (s.Vorartikel vom 7. März)  den diesjährigen Preis für Zivilcourage zu verleihen für ihren  langen Kampf zur Aufklärung über BSE Gefahren gegen ein Schweigekartell von Fleischindustrie, Bauernverband, SH-Landesregierung und dem Kreis Segeberg.

Ziel der Stiftung ist es, „Zivilcourage als Bürgertugend zu fördern und durch die Verleihung des Preises den mutigen Einsatz von Personen und Organisationen für Gerechtigkeit zu ehren“. Die nach der Stifterin benannte Solbach-Freise-Stiftung für Zivilcourage hat ihren Sitz in Bodenwerder, dem Heimatort von Solbach-Freise, wo auch jährlich der Preis bei einer Feier verliehen wird.

Schon seit zwei Jahrzehnten wird Frau Dr. Herbst im In - und Ausland für ihr mutiges Eintreten gegen Vertuschungen und für Aufklärung über die Verbreitung der Rinderseuche BSE, die beim Verbraucher zum  unheilbaren Creutzfeldt-Jakob Syndrom mutieren kann, geehrt. Sie gehört zu den Pionieren, denen es zu verdanken ist, dass sich die tückische Seuche nicht ausbreiten konnte. Sogar das Bundesverdienstkreuz wurde ihr angeboten - allerdings nur, wenn sie auf alle Ansprüche gegen den Kreis Segeberg verzichten würde.
Dieser hatte sie nämlich damals fristlos entlassen, und ihr "Bruch der Verschwiegenheit" bei ihrer Kontrolltätigkeit im Schlachthof Bad Bramstedt vorgeworfen.

Mit einem Ordnungswidrigkeitenverfahren gegen sie war der Kreis Segeberg damals allerdings genau so gescheitert, wie die Norddeutsche Fleischzentrale mit Schadensersatzforderungen gegen Frau Dr. Herbst. Dabei hatte sie sich nur strikt an §1 Bundestierärzteordnung gehalten: „Der Tierarzt ist berufen.... den Menschen vor Gefahren und Schädigungen durch Tierkrankheiten sowie durch Lebensmittel und Erzeugnisse tierischer Herkunft zu schützen.’’  sowie an den §5.2 Tierärztekammer Schleswig-Holstein: "Die Schweigepflicht besteht außerdem nicht, wenn öffentliche Belange die Bekanntgabe einer Feststellung erforderlich machen."  

Sie hatte sich damals an die Öffentlichkeit gewandt, weil ihre Warnungen über den Dienstweg versickert waren. Das kostete sie ihren Arbeitsplatz und sie wurde nie wieder als Tierärztin eingestellt.

Nachdem die linke Kreistagsfraktion mit ihrem Antrag aus formellen Gründen gescheitert war, Frau Dr.Herbst in der Bürgerrolle des Kreises zu ehren, wendet sie sich nun direkt an die zuständigen Ausschüsse und den Kreistag. Der neue Antrag lautet knapp: " Die Kreisverwaltung wird aufgefordert, diesen Fall aus heutiger Sicht neu zu bewerten, Frau Dr. Herbst zu rehabilitieren und sich mit  ihr einvernehmlich bis spätestens 21.12.2014 über eine Entschädigung zu verständigen, die ihre Beschäftigungslosigkeit von Kündigung bis Pensionseintrittsalter ausgleicht."

Dr. Margrit Herbst wird die 19. Preisträgerin des Zivilcouragepreises sein, den die
1995 gegründete Solbach-Freise-Stiftung jährlich vergibt. Ihre Gemeinsamkeit mit  ihren 18 Vorgängern ist, sich nicht nur dem Gemeinwohl gegenüber verpflichtend über eine lange Zeit engagiert zu haben, sondern unerschrocken unter großer Beeinträchtigung der eigenen Existenz gegen mächtige Gegner zu fechten wie Kriegsgewinnler, Steuerhinterzieher, Umweltschädiger, Lebensmittelvergifter, Menschenrechtsverletzer, Tierquäler  und Skandalvertuscher aller Art.

Die bisherigen Preisträger sind breit gestreut: von einfachen Aktivisten bis hin zum Professor, Frauen und Männer vieler Berufe, auch ein Polizist, eine Staatsanwältin und ein Ordensmann sind dabei. Sie alle zeichnet eine weitere Gemeinsamkeit aus: sie waren und sind dem öffentlichen Bewusstsein weit voraus, prägen es maßgeblich mit und sind letztlich - was eigentlich Aufgabe der Politik wäre - die Treiber einer modernen Gesetzgebung. 

Dass bis dahin meist sehr viel Zeit vergeht hat vorrangig zwei Gründe: Erstens kommt Zivilcourage leider noch viel zu selten vor. Zweitens ragt der Arm der Schurken meist weit hinein in staatliche Instanzen.

Beispielhaft ist hier u.a. der Fall der Preisträgerin von 2011, Margrit Lichttinghagen, der Staatsanwältin, die den Steuerhinterzieher Klaus Zumwinkel zur Rechenschaft zog. Da sie auch schon vor dem Fall Zumwinkel über 80 Millionen hinterzogene Steuern eingetrieben hatte, wurde sie von einem mächtigen Interessenkartell fortan kaltgestellt. Zunächst sollte die langjährige Spezialistin für Wirtschaftskriminalität in das Jugendstrafrecht versetzt werden, arbeitet aber heute als Amtsrichterin für Familiensachen. Gleichzeitig wurde sie mit verschiedenen Verfahren über angebliche Formfehler überzogen, die jedoch von der Generalstaatsanwaltschaft niedergeschlagen wurden. Eine von der ARD geplante Verfilmung ihres Wirkens mit Veronica Verres in der Hauptrolle wurde schon nach konkreten Drehbucharbeiten wieder abgesetzt.


Die Solbach - Freise - Stiftung

- Demokratie wagen, Zivilcourage zeigen -

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