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Mit Verwunderung, vor allem aber mit großer Freude nimmt LINKEN-Fraktionschef Miro Berbig einen inhaltlichen Schwenk der Norderstedter CDU in Sachen Sozialer Wohnungsbau zur Kenntnis. „Auf dieser Grundlage“, so Berbig nach der jüngsten Sitzung des Sozialausschusses, „können wir gemeinsam einen echten Schritt zur Lösung der aktuellen Wohnungsmisere tun.“ Im Rahmen der Sitzung am 17. Januar hatte CDU-Sozialpolitiker Karl-Heinrich Senckel unter anderem „einen dritten Akteur am Wohnungsmarkt“ gefordert, weil die privaten Wohnungsbaugesellschaften mehrheitlich nicht an einer Bekämpfung der Wohnungsnot interessiert seien.
„Die Einsicht kommt zwar spät“, merkt Berbig kritisch an, „immerhin kommt sie aber.“ DIE LINKE fordert schon seit fast zwei Jahren, den geförderten Wohnungsbau notfalls selbst in die Hand zu nehmen, beispielsweise durch die Gründung einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft. So weit will Senckel zwar offenbar nicht gehen, regte im Sozialausschuss jedoch an, die Stadt könne einem solchen „dritten
Akteur“ im Ernstfall „Starthilfe“ geben. Gemeint war offenbar eine Art Genossenschaftsmodell.
Der Kehrtwende vorausgegangen war die Verlesung eines Offenen Briefes, den Bewohnerinnen des Norderstedter Frauenhauses an Oberbürgermeister Hans-Joachim Grote gerichtet hatten. Darin beschreiben sie ihre schwierige Wohnsituation in der offenbar überlasteten Einrichtung und die Unmöglichkeit, dieser Tage in Norderstedt eine freie Wohnung zu finden, die dann auch noch den gerade massiv gesenkten Miethöchstgrenzen des Jobcenters genügt. Einige Frauen seien nach monatelang erfolgloser Suche sogar wieder zu ihren gewalttätigen Ehemännern zurückgekehrt. Weil nach der Verlesung auch die übrigen Ausschussmitglieder der Union von der Verwaltung schnelle Lösungen für die Frauen und andere am Wohnungsmarkt besonders problembelastete Gruppen forderten, will DIE LINKE jetzt Nägel mit Köpfen machen.
Als wirkungsvolle Sofortmaßnahme arbeiten Berbig und seine Fraktion schon in den nächsten Tagen eine Regelung aus, die Investoren und Bauträger künftig baurechtlich verpflichten soll, mindestens 30% der erstellten Wohnungen gefördert zu bauen – als „Sozialwohnung“. Einen solchen Weg geht derzeit unter anderem die Hansestadt Hamburg und hat damit erste, große Erfolge. Außerdem wird DIE LINKE schon in wenigen Wochen ein konkretes Modell vorschlagen, auf dessen Grundlage die Stadt Norderstedt selbst spätestens im kommenden Jahr mit einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft oder einer von ihr unterstützten Genossenschaft in den sozialen Wohnungsbau eingreifen kann. Berbig: „Mit diesen zwei
Projekten können wir schon binnen ein, zwei Jahren erkennbar auf dem hiesigen Wohnungsmarkt intervenieren und einen Teil der zu Hunderten wegbrechenden Sozialwohnungen ersetzen.“ Betrübt ist er, weil das schon viel früher hätte der Fall sein können: „Wir wollen das seit knapp zwei Jahren, hatten aber nur Unterstützung von SPD und GALiN.“
Weil Stadträtin Anette Reinders dem Sozialausschuss außerdem deutlich machte, dass die vorhandenen Notunterkünfte der Stadt allesamt bestenfalls sanierungsbedürftig sind, spricht sich DIE LINKE für einen dezentralen Neubau der Häuser aus. Da die BewohnerInnen der Unterkünfte teilweise seit
15 Jahren dort leben, bestehe zudem die dringende Notwendigkeit einer engeren pädagogischen und in einigen Fällen auch psychologischen Betreuung.
Hier unterstützt DIE LINKE die bereits begonnenen Gespräche der Sozialdezernentin mit möglichen Trägern. Berbig: „Bleibt nur zu hoffen, dass die Union bei ihrem jetzt eingeschlagenen Kurs bleibt.“