4. Juni 2019

Mehr Stimmen, weniger Freude

Weil von der steigenden Wahlbeteiligung bei den Europawahlen vor allem die Grünen profitierten, sackte DIE LINKE trotz ähnlicher Stimmzahlen wie 2014 ab (Foto: Harning).

Fast 300 Stimmen mehr als 2014 hat DIE LINKE bei den Europawahlen in Norderstedt erreicht, bundesweit ihr Ergebnis knapp gehalten - und steht trotzdem wie ein begossener Pudel da: Weil das Thema Klimaschutz (zu Recht) im Mittelpunkt des Wahlkampfes stand, damit aber vor allem die Grünen zusätzliche Wählerschichten mobilisieren konnten, ist unser Einfluss im Parlament gesunken.


Denn während DIE LINKE in Norderstedt trotz der Stimmzuwächse nur bei 4,5 % landete – ein Minus von 0,8 – rutschte sie bundesweit sogar um fast zwei Prozentpunkte auf nur noch 5,5 % ab. Von unserer hochkarätig besetzten KandidatInnenliste ziehen daher nur Martin Schirdewahn, Özlem Demirel, Cornelia Ernst, Helmut Scholz und Martina Michels ins Europaparlament ein. Auch unsere schleswig-holsteinische Kandidatin Marianne Kolter ging auf Platz neun leer aus.

Dennoch enthielt der Wahlabend auch positive Nachrichten: So lag unser Stimmenanteil bei den Jung- und ErstwählerInnen mit rund 8 Prozent deutlich oberhalb des Gesamtergebnisses. Und während DIE LINKE bei den Bezirkswahlen in Hamburg noch einmal leicht auf 10,7 % zulegen konnte, steigerten die Bremer GenossInnen ihr Ergebnis bei den gleichzeitig stattfindenden Bürgerschaftswahlen sogar deutlich – und zogen mit starken 11,3 Prozent, bzw. 10 Abgeordneten in die neue Bürgerschaft ein.

„Die Wahlergebnisse bei den Europa-, Bürgerschafts- und Kommunalwahlen lassen uns mit gemischten Gefühlen und nachdenklich in die kommenden Monate gehen“, kommentierte unser Parteichef Bernd Riexinger den Wahlabend dann auch kritisch. „Einerseits freuen wir uns über das hervorragende Ergebnis der Genossinnen und Genossen in Bremen und gratulieren stellvertretend der Spitzenandidatin Kristina Vogt“. Mit dem Ergebnis der Europawahl könne man hingegen nicht zufrieden sein. Auch Katja Kipping äußerte sich enttäuscht und sprach von einem „Warnsignal“. DIE LINKE müsse endlich „ernsthaft um linke Mehrheiten kämpfen“.

In Norderstedt könnte man eine solche „linke Mehrheit“ sogar aus dem örtlichen Europawahlergebnis konstruieren - sie beruht aber fast vollständig auf der momentanen Stärke der Grünen: 27,8 Prozent holte "Team Green" in Norderstedt – zusammen mit 19,2 % SPD und den 4,5 % für DIE LINKE sind das 51,5 Prozent der Stimmen links von Schwarz-Gelb, nicht zu vergessen DIE PARTEI (2,2 %), PIRATEN (0,7) VOLT (0,6) und mehrere linke Splitterparteien (zusammen 0,7). Bleibt die Aufgabe, diese Mehrheit – mit einem dann hoffentlich höheren Anteil für DIE LINKE – in die nächsten Wahlen zu transportieren.

Olaf Harning