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15. Juni 2021

LINKE fordert klimaneutrales Norderstedt bis 2030

In mehrmonatiger Arbeit hat der Ortsverband der Norderstedter LINKEN einen Klima-Aktionsplan erarbeitet, der die Stadt schon bis 2030 zur klimaneutralen Kommune machen soll. Kernpunkte des Papiers sind die Einrichtung eines Klimaschutzamtes, eine umfassende Energie- und Verkehrswende sowie die Fokussierung aller städtischen Aktivitäten auf eine nachhaltige Stadtentwicklung.

Es klingt wie ein Alptraum, was da Anfang Juni durch die Medien ging: die ersten Kipppunkte des weltumspannenden Klimasystems könnten laut jüngsten Messungen bereits jetzt erreicht sein und fortan eine ganze Reihe von Dominoeffekten auslösen. Das würde nicht weniger bedeuten, als dass die Folgen des Klimawandels noch schneller und härter auf uns zukommen, als ohnehin schon befürchtet. Doch obwohl inzwischen selbst das Bundesverfassungsgericht ein beeindruckendes Machtwort gesprochen- und die Bundesregierung zu verstärktem Handeln in Sachen Klimaschutz verpflichtet hat, passiert bislang - außer dem üblichen Wahlkampfgetöse – erschreckend wenig Greifbares. Zumindest handeln Bund und Länder - aber auch viele Kommunen - erheblich zu langsam. Und Norderstedt? Wie steht es um die eigene Klimabilanz? Kann eine Kommune etwas bewegen im Klimaschutz?

„Das leidige und leider auch bereits Jahrzehnte währende Warten auf wegweisende Vorgaben von oben muss endlich beendet werden!" fordert deshalb Christine Bilger, Sprecherin der Norderstedter LINKEN und Stadtvertreterin ihrer Partei. "Auf kommunalpolitischer Ebene können wir sehr viel mehr als bisher für das Klima tun, dafür muss keine Kommune auf Bund und EU, oder gar auf juristische Entscheidungen warten!“ Dass auch das Bundesverfassungsgericht den Aktivist*innen der Klimaschutz-Bewegung jetzt den Rücken gestärkt hat, begrüßt Bilger natürlich dennoch - und nicht nur aus der Beobachterposition heraus: in mehrmonatiger Arbeit haben sie und ihre Mitstreiter*innen einen umfassenden Forderungskatalog für einen schlagkräftigen kommunalen Klimaschutz erarbeitet und anschließend den gut 40 Mitgliedern der LINKEN in Norderstedt zu einer Art innerparteilichem Brainstorming vorgelegt.

„Mut gemacht haben uns dabei nicht zuletzt andere Kommunen und Städte, die bereits kreativ mit den gesetzliche Rahmenbedingungen umgehen – und wir möchten wiederum auch Anderen Mut machen, in Sachen Klimaschutz selbst kräftig anzupacken“, sagt Bilger. Zwar habe sich die Stadt Norderstedt bereits vor einigen Jahren die CO2-Neutralität bis 2040 auf die Fahnen geschrieben, doch der jüngst im Umweltausschuss vorgestellte Halbjahresbericht verzeichnet für das Jahr 2019 gerade mal eine Verbesserung von 1,1% in der CO²-Bilanz. Schon um das bislang gesteckte Ziel zu erreichen, müsste Norderstedt aber rechnerisch auf ein Emissions-Minus von jährlich 5% kommen.

„Leider wissen wir inzwischen, dass selbst das nicht reichen würde, um unseren Beitrag zur Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 Grad zu erreichen!“, so Hans-Georg Becker, energiepolitischer Sprecher der LINKEN in Norderstedt. „Bis zum Jahr 2030 hat Deutschland bereits seinen gesamten, für das 1,5-Grad-Ziel noch möglichen CO²-Ausstoß ausgeschöpft, wenn die Emissionen nicht weiter reduziert werden. Wir müssen deshalb jetzt die großen Hebel bewegen – und zwar sehr schnell!“

Dass Norderstedts LINKE mit diesem Wunsch nicht alleine steht, zeige sich in dem erstarkenden Engagement auf Seiten der Verwaltung und auch der Stadtwerke. „Wir haben hier sehr motivierte und hochkompetente Menschen, die sich - insbesondere in den letzten Monaten - ebenfalls auf den Weg gemacht haben, eine große Schippe drauf zu legen“ beobachtet Christine Bilger. „Unsere Aufgabe als Politik sehen wir nun darin, diesen Fachleuchten den Weg freizuräumen und auch Eckpunkte für einen wesentlich konsequenteren Klimaschutz zu setzen. Und das mit Tempo.“

Als zentrale Forderung will die Norderstedter LINKE ein Klimaschutzamt durchsetzen, das als koordinative Schnittstelle zwischen Stadtwerken und Stadtverwaltung die kommunale Klimaneutralität durch- und und umsetzt. „Das halten wir für unabdingbar“ so Hans-Georg Becker, der auch seit Jahren für die Fraktion der LINKEN im Stadtwerkeausschuss sitzt. „Effizientes Agieren bedarf immer einer übergeordneten Koordinationsstelle, die alle Akteure und Vorhaben miteinander vernetzt und den Überblick über den Fortschritt aller Projekte hat.“ Eine weitere und weitgreifende Forderung betrifft die Stadtwerke: sie sollen als Dienstleister weiter ausgebaut werden, um u.a. den massiven Ausbau von Solarenergieanlagen aktiv voranzutreiben und dabei Gewerbe, Kommune, sowie Haus- und Grundbesitzer*innen bei Planung, Bau und Finanzierung von Solaranlagen und anderen regenerativ erzeugbaren Energien zu unterstützen. Den Brennstoff Erdgas, der in Norderstedt aktuell noch für die BHKW und Fernwärme eingesetzt wird, will DIE LINKE derweil schon kurzfristig ersetzen. „Erdgas ist eine große Klimalüge. Die CO2-Bilanz mag gegenüber Heizöl etwas besser sein, dafür stellt die Methan-Fluktuation aus Erdgasförderung und -Transport ein erhebliches Problem dar, da Methan deutlich klimaschädlicher ist als CO2“, gibt Becker zu bedenken - „hier müssen die Stadtwerke Tempo machen.“

Neben der Energiewende setzt DIE LINKE auf eine Verkehrswende, die es in sich hat: „Der motorisierte Individualverkehr, vor allem in Form des privaten PKW mit Verbrennermotor, ist in Deutschland einer der wesentlichen CO2-Treiber und daher nicht zukunftsfähig“, sagt Olaf Harning, Sprecher des LINKEN-Ortsverbandes. Mit Anschaffung und Betrieb eines einzigen PKW verbrauchten die Menschen mit einem Schlag bereits die Hälfte ihres persönlichen CO²-Budgets. „Das tun sie natürlich nicht“, so Harning weiter, „weil sie Spaß daran haben, die Zukunft ihrer Enkel zu gefährden - sondern weil es oft noch an gangbaren Alternativen mangelt und – naja: auch aus Bequemlichkeit“. Um die Norderstedter*innen beim Umstieg auf klimafreundliche Alternativen wie den ÖPNV, Carsharing und oder den Radverkehr zu unterstützen, fordert DIE LINKE eine weitere Taktverdichtung auf allen Buslinien, ein Stadtticket für 1€/Tag als Zwischenschritt zum „kostenlosen“ Nahverkehr, die grundsätzliche Priorisierung des Rad- und Fußverkehrs in der Verkehrsplanung, den massiven Ausbau des bestehenden Fahrradverleihsystems und die schrittweise Ertüchtigung aller Büro- und Gewerbebauten der Stadt für die Anfahrt der Beschäftigten mit dem Rad. Zudem ließen sich Nahversorgung und Naherholung durch intelligente Stadtplanung so zentral einrichten, dass eine Vielzahl von Gründen für die heutige Verkehrsströme wegfielen.

Parallell zum schnellstmöglichen Ausstieg aus fossilen Energieträgern für Strom, Wärme und Verkehr richtet die Norderstedter LINKE ihren Blick auch auf den Erhalt oder die Schaffung sogenannter „CO2-Senken“ - ökologische Systeme, die in der Lage sind, größtmögliche Mengen von CO2 zu speichern. „Aufforstungen und Errichtungen von Natur- und Mikrowäldern, die Renaturierung von Mooren oder Schutz und Schaffung von Landschaftsschutzgebieten und Wildnis sind von enormer Bedeutung für die natürliche Bindung und Speicherung von CO2“, so Dr. Norbert Pranzas, Mitglied der Norderstedter LINKEN-Fraktion und beruflich als Umweltgutachter im Thema. Darüber hinaus hätten Maßnahmen, die ein üppiges Grün in und um die Stadt fördern, einen wichtigen weil kühlenden Einfluss auf das Stadtklima in heißen Sommermonaten. Deshalb fordert DIE LINKE die Ausweitung der bestehenden Baumschutzsatzung, eine weitestmögliche Entsiegelung von Flächen und die Flächensicherung für das Anlegen neuer Natur- und Mikrowälder im Stadtgebiet.

„In Summe hat uns die Arbeit an einem kommunalen Klimaschutzkonzept gezeigt, wie enorm unser Handlungspotenzial ist!“ stellt LINKEN-Sprecher Harning fest. „Ich hoffe, dass unsere Mitstreiter*innen in den übrigen Parteien den Wunsch nach raschem und konsequentem Klimaschutz teilen und dass wir demnächst gemeinsam entsprechende Beschlüsse herbeiführen. Als Diskussionsgrundlage hat DIE LINKE ihren Klima-Aktionsplan jetzt auf ihrer Website veröffentlicht – verbunden mit dem Verweis, dass Politik laufend Verstärkung braucht. „Engagieren Sie sich in einem Verband, bei den Klimaschutz-Aktivist*innen von Fridays for Future oder in der Kommunalpolitik! Wir brauchen viele helfende Hände, um gemeinsam unsere Zukunft zu gestalten!“ lädt Christine Bilger die Norderstedter*innen ein.

Hier gehts zum Klima-Aktionsplan der Norderstedter LINKEN.