10. Juli 2014 Heinz-Michael Kittler

Unterkunftskosten: DIE LINKE bleibt kritisch

Obwohl die linke Kreistagsfraktion die neue Mietobergrenzentabelle des Kreises Segeberg als Schritt in die richtige Richtung begrüßt, bleibt sie kritisch. "Nach über 2 Jahren," so Heinz-Michael Kittler, Vorsitzender der linken Kreistagsfraktion, "in denen wir mit Verbündeten aus anderen Parteien mit der Kreisverwaltung und der beauftragten Gutachtenfirma "Analyse und Konzepte" darum gerungen haben, die vor 3 Jahren einseitig vom Kreis erlassene Richtlinie zu entschärfen, zeigt die neue Tabelle ab 01.07.2014 immerhin durchschnittlich um 20% höhere Werte."

Mietobergrenzen sind die Werte, bis zu deren Höhe Bedürftige je nach Ort und Personenzahl einen Zuschuss zu den Unterkunftskosten beantragen können. Die etwa 20.000 Anspruchsberechtigten im Kreis Segeberg setzen sich u.a. zusammen aus den Beziehern voller oder ergänzender HartzIV Leistung, ca. 15.000, Sozialhilfe ca. 500, Asylbewerber ca. 550, Grundsicherungsfälle im Alter: 2.150 und Niedrigverdienern.
Weil der Kreis durch Schuldenbremsen und Kürzungspolitik vor 3 Jahren in Finanznot geraten war, wollte er 1.5 Mio € jährlich einsparen und erließ eine Verwaltungsrichtlinie um die gültigen Wohngeld-Tabellenwerte zu unterlaufen.

Statt den Kreistag mit einer Satzung zu befassen, veröffentlichte er dann per Erlass derart niedrige Werte, für die es gar keine Wohnungen zu mieten gab, was den Konflikt auslöste.Denn prompt flatterten seitdem tausenden von Anspruchsberechigten von den Jobcentern und Sozialämtern Aufforderungsschreiben ins Haus, sich eine entsprechend billigere Wohnung zu suchen, andernfalls ihre Unterstützung entsprechend gekürzt werde. Die meisten Angeschriebenen knickten ein und nahmen eine Kürzung des Regelsatzes in Kauf . Wer klagte, bekam jedoch meist Recht, denn die Ämter müssen stets nachweisen, dass es solch billige Wohnungen auch tatsächlich vor Ort gibt.  

Wo die restlichen 900.000 € geblieben sind, fragen sich nun die Linken, denn die Kreisverwaltung wollte mit ihrem ersten Erlass 1 1/2 Mio € jährlich einsparen, für die neue Tabelle ab 01.07.2014 prognostiziert sie jedoch aus heutiger Sicht jährlich € 600.000 Mehrkosten.

"Ein deutliches Indiz dafür, dass es nicht reichen wird", so die Linken. Als weiteres Indiz sieht Kittler, dass wiederum statt demokratischer Mitwirkung des Kreistages mit einem ordentlichen Satzungsbeschluss, es sich weiterhin formal um einen Verwaltungserlass handelt, bei dem der Kreissozialausschuss lediglich "beratenden" Einfluss ausüben durfte.
Wegen des wohnungspolitischen Hintergrundes sehen die Linken weiterhin erheblichen Handlungsbedarf.

Seit dem 1. Juli 2014 fallen Sozialwohnungen wie Dominosteine aus der Bindung, bei den restlichen sind Mieterhöhungen von 9% gestattet und zwar alle 3 Jahre! Leider ist schon jetzt klar, wen es am meisten trifft, denn starke Jahrgänge mit immer labileren Erwerbsbiografien stehen vor dem Rentenalter. Die jetzt schon stark steigenden Grundsicherungsfälle (HartzIV für Rentner) werden explodieren. Am meisten sind Frauen gefährdet.

Jede Neuwitwe in Grundsicherung, der nach dem Tode ihres Mannes nur noch für eine Person Wohnraum zusteht (52 qm), wird neben der Kondolenzpost auch ein Schreiben vom Sozialamt erhalten, dass sie auffordert, sich eine billigere Unterkunft zu suchen, falls ihre Warmmiete € 303,- übersteigt. (Beispiel Amtsbezirk Kisdorf) oder ihr Regelsatz wird entsprechend gesenkt. Kittler: "Das kann DIE LINKE nicht hinnehmen.

Wenn die Kreispolitik nun über Demografie und altersgerechtes und barrierefreies Wohnen schwadroniert, geht das insoweit am Thema vorbei, weil die erhebliche weitere Steigerung von Altersarmut dabei nicht berücksichtigt ist. Deswegen sieht die linke Kreistagsfraktion es als dringend geboten an, über den gesamten Komplex: Sozialwohnungen, Mietobergrenzen, Altersarmut und Demografie im Ganzen zu beraten mit dem Ziel, für diesen Komplex eine Satzung mit belastbaren Werten für Mietobergrenzen im Kreistag zu beschließen. Bis diese steht, kann den Betroffenen nur mit größter Erfolgsaussicht der Klageweg empfohlen werden, denn immer müssen Behörden auch nachweisen, dass es entsprechenden günstigen Wohnraum vor Ort auch konkret gibt.